Diskussion um Klinikschließungen in Freital
Die Debatte um die Gesundheitsversorgung im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat im letzten Kreistag eine neue Wendung genommen. Der Antrag auf Initiative der Konservativen Mitte, die Wiedereröffnung der Geburtenstation und der Kinderklinik am Standort Freital intensiv zu prüfen, stieß in den Vorberatungen zunächst auf wenig Wohlwollen. In seiner Sitzung am 23. Juni 2025 verfolgte der Kreistag letztlich doch die Intention weiter und beschloss, Alternativen wie ein Geburtshaus genauer zu prüfen. „Es war ein wirklich schwerer Weg bis dahin“, so Pfitzenreiter über die schwierigen Verhandlungen in den Kreistagsgremien.
Kritik an privaten Klinikbetreibern

Peter Pfitzenreiter, Vorsitzender der Gruppe der Konservativen Mitte, kritisierte deutlich die Schließung der Freitaler Klinikabteilungen: „Wir erleben aktuell den systematischen Rückzug der Gesundheitsversorgung aus der Fläche. Abgebaut, eingespart, abgewickelt – alles unter der Regie eines privaten Klinikbetreibers, der diesen Schritt offensichtlich monatelang vorbereitet hat.“ Mitarbeiter hätten berichtet, dass das medizinische Angebot bewusst eingeschränkt worden sei, um anschließend die sinkenden Geburtenzahlen als Vorwand für die endgültige Schließung zu nutzen.
Familien im Mittelpunkt
Für Pfitzenreiter steht fest: „Wir sprechen heute nicht über Statistik. Nicht über Bettenzahlen, Fallzahlen oder Wirtschaftlichkeitsformeln. Wir sprechen über Familien. Über Neugeborene, werdende Mütter und über Kinder und Jugendliche in Not. Über das Gefühl, zu Hause sicher aufgehoben zu sein – in Freital, in unserem Landkreis, in unserer Heimat.“ Eine wohnortnahe Gesundheitsinfrastruktur sei ein wichtiger Standortfaktor für junge Familien und damit für die Zukunft unseres gesamten Landkreises. Studien zeigen, dass längere Fahrtzeiten zur Geburtsklinik die Sterblichkeit und Komplikationen bei Neugeborenen erhöhen.
Appell für innovative Lösungen
Die Konservative Mitte hatte ursprünglich eine Prüfung der Rekommunalisierung – also der Übernahme der Trägerschaft des Krankenhauses durch den Landkreis – gefordert. Nach einer umfangreichen Stellungnahme der Landkreisverwaltung wurde dieser Antrag jedoch ersetzt und eine umfassende Machbarkeitsstudie vorgeschlagen, die kooperative Modelle wie Hebammenzentren, telemedizinische Angebote und virtuelle Kinderkliniken umfassen sollte. „In anderen Regionen gelingt dies bereits – warum nicht auch bei uns?“, fragt Pfitzenreiter. Er appellierte eindringlich an den Kreistag: „Zeigen wir heute, dass wir nicht resignieren. Zeigen wir, dass wir den Menschen zuhören und gemeinsam Lösungen finden wollen.“
Zukunft aktiv gestalten
Die Konservative Mitte betont, dass sie die kommenden Schritte genau begleiten wird, um sicherzustellen, dass aus Prüfungen echte Lösungen entstehen. „Es darf nicht nur bei der Theorie bleiben. Jetzt gilt es, tatsächlich zu handeln“, fordert Peter Pfitzenreiter abschließend und unterstreicht: „Die Menschen erwarten Lösungen, keine weiteren Verzögerungen.“
DANK FÜR BÜRGERLICHES ENGAGEMENT
Besonderer Dank gilt auch all jenen Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihren Unterschriften, Nachrichten und Rückmeldungen den Druck erhöht und unsere Initiative unterstützt haben. „Dieser Rückenwind aus der Bevölkerung hat gezeigt, dass wir nicht allein stehen – und dass sich Einsatz lohnt“, so Pfitzenreiter. „Das war auch ein Zeichen an den Kreistag: Die Menschen im Landkreis wollen Lösungen – und wir haben die Pflicht, sie ernst zu nehmen.“
Vollständige Rede von Peter Pfitzenreiter im Kreistag
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte,
wir sprechen heute nicht über Statistik. Nicht über Bettenzahlen, Fallzahlen oder Wirtschaftlichkeitsformeln. Wir sprechen über Familien. Über Neugeborene, werdende Mütter und über Kinder und Jugendliche in Not. Über das Gefühl, zu Hause sicher aufgehoben zu sein – in Freital, in unserem Landkreis, in unserer Heimat. Wir sprechen über nichts Geringeres als unsere gemeinsame Zukunft.
Doch was wir aktuell erleben, ist der systematische Rückzug der Gesundheitsversorgung aus der Fläche. Erst kam die Schließung des Klinikstandorts in Dippoldiswalde. Wenig später verschwanden die Geburtshilfe und Kindermedizin aus dem Freitaler Krankenhaus. Abgebaut, eingespart, abgewickelt. Und das alles unter der Regie eines privaten Klinikbetreibers, der diesen Schritt offensichtlich monatelang vorbereitet hat – ehemalige Mitarbeiter berichten von einem gezielten Vorgehen: Der Kreißsaal wurde auf Normalstationen verteilt, Lachgasbehandlungen und Wassergeburten wurden gestrichen, zuletzt durfte nur noch an Werktagen entbunden werden. Kein Wunder, dass werdende Eltern sich zwangsläufig umorientierten. Die in der Folge sinkenden Geburtenzahlen dienten schließlich als Rechtfertigung, die Abteilungen endgültig zu schließen. Und das sächsische Gesundheitsministerium schaut bis heute nur tatenlos zu.
Unsere Region lebt aber von jungen Familien, von Menschen, die bleiben wollen. Nach einer Forsa-Umfrage von 2020 halten 93 Prozent der Befragten ein Krankenhaus in Wohnortnähe für wichtig. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bestätigt 2024 in einer repräsentativen Erhebung, dass über die Hälfte aller Befragten maximal 15 Minuten Fahrzeit zum nächsten Krankenhaus akzeptabel findet. Sie bezeichnet Krankenhäuser ausdrücklich als zentralen Standortfaktor für ländliche Räume. Ohne Geburtsstation und Kinderklinik sägen wir genau an diesem Ast, auf dem wir alle sitzen.
Und neben dem Standortfaktor gibt es handfeste medizinische Fakten: Studien zeigen klar, dass Fahrtzeiten über 20 Minuten zur Geburtsklinik die Sterblichkeit von Neugeborenen erhöhen. Fahrtzeiten über 30 Minuten sorgen für mehr Stress beim ungeborenen Kind, unregelmäßige Herzfrequenzen und erhöhen das Risiko ungeplanter außerklinischer Geburten drastisch.
Deshalb heute unser Antrag: Lassen Sie uns eine ergebnisoffene, ehrliche Studie auf den Weg bringen, die neue Wege aufzeigt – ob kooperative Modelle mit niedergelassenen Hebammen, Telemedizin, Belegbetten für niedergelassene Ärzte, Kooperationen mit Spezialkliniken oder eine virtuelle Kinderklinik mit Telenotarzt. In anderen Regionen gelingt dies bereits – warum nicht auch bei uns?
Sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte, zeigen wir heute, dass wir nicht resignieren. Zeigen wir, dass wir den Menschen zuhören, die sich mit Petitionen, in Gesprächen und Protestaktionen an uns wenden. Zeigen wir, dass wir sie ernst nehmen und gemeinsam Lösungen finden wollen.
Ich bitte Sie daher eindringlich um Ihre Zustimmung.